Welche Bedeutung hat die mediale Vernetzung für aktuelle Jugend(kulturen) und Protest(bewegungen)? Darüber haben wir uns beim Interaktiv-Mediensalon am 27. April 2022 mit Gabriele Rohmann, Archiv der Jugendkulturen Berlin, und Leonie Bremer, Fridays for Future Deutschland, ausgetauscht. Aufgrund der Corona-Situation konnten beide nur virtuell zugeschaltet werden, die Begrüßung vor Ort im Institut Gauting übernahm Haimo Liebich, Sprecher unseres Netzwerks.
Gabriele Rohmann unternahm einführend eine Zeitreise durch verschiedene Jugendkulturen, beleuchtete die Wahrnehmung der Szenen durch Medien, Wissenschaft und Politik und kritisierte die meist defizitäre Sichtweise, die kreative Potentiale ausblendete. Dabei verfügten diese Szenen stets über ein großes DIY-Potential, waren gut vernetzt und konnten gesellschaftliche Auseinandersetzung mit ihren Provokationen und Rebellionen beleben. Heute sei die Bandbreite der Jugendkulturen größer, die Vielfalt sei gewachsen, auch durch die Vernetzungsangebote des Internets.
Leonie Bremer erläuterte, dass bei „Fridays for Future“ der Schwerpunkt auf den Aktivitäten vor Ort liege, diese jedoch von der Online-Vernetzung leben. Sie betonte die intrinsische Motivation vieler beteiligter Jugendlicher, die auch im Organisationszirkel von FFF ehrenamtlich und ohne Bezahlung agieren. Die Perspektive, eigene Ideen ohne Vorschriften umsetzen zu können und gemeinsam mit anderen für ein Vorhaben eintreten zu können, sei die große Motivation für die Beteiligten.
Der Umgang mit dem eigenen Medienkonsum würde oft kritisiert, doch Bremer verwies darauf, dass der Eigenkonsum vergleichsweise wenige Ressourcen verbrauche. Die Politik müsse die Ziele einhalten, die sie unterschrieben habe, oder zumindest versuchen, sich diesen Zielen bestmöglich zu nähern. Zudem sei eine sozialverträgliche, gesamtgesellschaftliche Situation wichtig, damit Klimaschutz nicht nur für Menschen in privilegierter Stellung finanzierbar ist.
Zu ihrem Verhältnis zur Politik betonte Bremer, dass sie zu viel Nähe zu Politiker*innen vermeide, weil aus der Distanz mehr Druck ausgeübt werden könne. Sie will so lange Aktivistin bleiben, bis alle Parteien in ihren Programmen den Klimaschutz ernsthaft festschreiben. Der Aktivismus sei manchmal ermüdend, aber jeder kleine Erfolg ist ihr wichtig und liefert neue Motivation.