Hendrik Lesser (remote control productions & Games Bavaria Munich) und Christian Schiffer (BR24 & Wasted-Magazin) waren unsere Gäste beim Mediensalon am 22.03.2023 im Institut Gauting. Mit ihnen unterhielten wir uns über Games, Kunst, Vertriebswege, Jugendmedienschutz, politische Spiele und viele weitere Aspekte digitaler Spielkultur. Einführend präsentierte Hendrik Lesser einige Zahlen und Fakten zu Entwicklungen der Games-Branche. Der Video-Mitschnitt ist hier verfügbar:
In seiner einführenden Keynote beleuchtete Hendrik Lesser die Umsätze und die wirtschaftliche Bedeutung der Videospiel-Branche. Er erläuterte auch die Auswirkungen von Games auf die Popkultur, die Bemühungen der Branche um mehr Klimaschutz und die Potentiale von Spielen in Bereichen wie Bildung und Gesundheit. Seine Slides sind hier abrufbar.
Bei der anschließenden Diskussion wurden gemeinsam mit Christian Schiffer einige Aspekte vertieft. Dabei ging es u.a. um die Frage nach der Monetarisierung von Games und um die Bedeutung von free2play-Spielen, In-Game-Käufen und Lootboxen. Lesser verwies darauf, dass diese Micropayments den Spielenden eine faire Möglichkeit bieten, ein Budget ihrer Wahl in ein Spiel zu investieren, anstatt viel Geld auf einmal für ein teures Spiel auszugeben. Er betonte außerdem, dass die Branche nicht am Taschengeld von Kids interessiert sei, sondern ihr Geld v.a. mit erwachsenen Spieler*innen verdiene. Christian Schiffer war hingegen der Meinung, dass Spiele mit Lootboxen erst ab 18 Jahren gespielt werden sollten, da ein Glücksspiel-ähnliches Spieldesign zu beobachten sei, das für einige Minderjährige zur Kostenfalle werde. Einig waren sich alle, dass der Jugendmedienschutz EU-weit einheitlich geregelt sein sollte und z.B. der deutsche Sonderweg bei Altersfreigaben wenig hilfreich ist.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine erzählte Lesser von seinem Spiel „Death from Above“, das derzeit von seinem Team entwickelt wird. Hier versteht er sich als politischer Akteur, der zu einem aktuellen Thema eine eindeutige Stellung bezieht: Im Game schlüpfen die Spielenden in die Rolle von ukrainischen Drohnenpiloten, die gegen das russische Militär kämpfen. Lesser betonte, dass seiner Meinung nach Putin für diesen Angriffskrieg bestraft werden müsse, weshalb er dieses pro-ukrainische Spiel entwickeln lässt. Schiffer unterstützte diese Form des Aktivismus und verglich sie mit anderen Kunstformen wie der Musik oder Literatur, in denen politischen Statements schon lange üblich seien. Diese künstlerische Freiheit müsse auch Game-Entwickler*innen zustehen.
Als Ausblick in die Zukunft äußerte Hendrik Lesser den Wunsch, dass seitens der Landes- und Bundespolitik mehr Mittel für Jugendpartizipation zur Verfügung gestellt werden, mit denen die pädagogischen Szene gemeinsam mit Spiele-Studios adäquate digitale Angebote entwickeln könnte. Christian Schiffer erwartet, dass digitale Spiele zunehmend zu einem sog. „third place“ (neben Familie und Schule/Arbeitsplatz) werden, in dem Jugendliche nicht nur spielen, sondern auch in ihrer Freizeit „abhängen“ werden, weshalb auch die Pädagogik und die Jugendarbeit dort in digialer Form präsent sein müssen.
Der Salon war eine Veranstaltung des Netzwerks „Interaktiv“ München in Kooperation mit dem Kulturforum der Sozialdemokratie, dem Institut für Jugendarbeit Gauting und dem Referat für Bildung und Sport der LH München. Moderiert wurde das Gespräch von Johanna Beier (PI-ZKB der LHM) und Björn Friedrich (SIN – Studio im Netz) für das Netzwerk Interaktiv.